Manchmal verschicke ich Rundmails. Wenn zum Beispiel ein Film von mir läuft oder so. Dann scrolle ich durch mein Computer-Adressbuch und suche die Kontakte aus, die ich in den Verteiler nehmen möchte. Jedesmal begegnen mir Tote. Sie sind noch da. Ihre Namen sprechen mich an. Verhuscht scrolle ich dann schnell weiter. Ich nehme sie nicht in den Verteiler.
Aber wann sollte man tote Kontakte löschen?, frage ich mich. Sollte man überhaupt? Das Problem ist ja auch: Sie werden langsam immer mehr!
Ist es eine Art der Ehrung, sie im Adressbuch zu lassen? Es ist doch nur ein Computerprogramm. Die Erinnerung an sie trage ich im Herzen. Ja, aber mach das mal, den Kontakt mit deinem Vater löschen, samt Adresse und Geburtsdatum, oder den Schwiegervater. Oder den Freund, der vor zwei Jahren freiwillig in den Tod ging. Rechter Mausklick und dann Visitenkarte löschen?
Die Zapoteken haben zu Hause einen Altar, den sie täglich mit frischen Blumen schmücken. Da stehen die Fotos aller Verstorbenen, Familie und Freunde – neben anderen Devotionalien, wie Guadalupe, die mächtige Hand oder das Gotteskind. Wenn man so etwas Analoges hat (auch in klein; bei mir hängen die Menschen prosaisch am Kühlschrank; trotzdem denke ich dann öfter an sie), braucht man kein schlechtes Gewissen beim Löschen der virtuellen Kontakte zu haben.
Danke für die schönen Hinweise. Wenn jemand als Foto am Kühlschrank hängt, kann man ihn/sie ja auch ab und zu fragen „Was wollen wir heute essen?“